Farbe und Kunst: Goya


7. Gedankenzusammenfassung
Die schwarzen Malereien könnte man Goyas Testament nennen. Es sind die letzten bedeu-tenden Arbeiten, die er noch in Spanien schaffen konnte. Die Bilder der Quinta del Sordo sind bruchstückartige Ausbrüche der aufgewühlten Seele und der leidenden Phantasie Go-yas, Reflexionen auf sein persönliches Leben und mehr noch auf die gesellschaftlichen Er-eignisse jener Jahre. Das Einheitliche in seinen schwarzen Malereien ist die apokalyptische Grundstimmung des Künstlers, die zum Ausdruck kommt. Isolation und Wahnsinn spie-geln sich im Werk von Goya in den zerfurchten und geschichtserzählenden Gesichtern, in Gesichtern, die Leiden, Katastrophen und Kriege erfahren mussten. Gleichzeitig zeigt sich in den von Irrsinn und Wahn geprägten Gesichtern auch Gleichgültigkeit und Perfidität. Die mit groben Pinselstrichen ausgeformten Gesichtsausdrücke und Körperhaltungen zei-gen gleichermassen Leiden, Gewalt, Verlogenheit und die tiefen Augenhöhlen drücken Ver-rat, Hoffnungslosigkeit, Starrheit, Unberechenbarkeit und Tod aus. Gefurchte Gesichter, die die Geschichte der verbrannten Erde Spaniens widerspiegeln: Intrigen, Laster und Krieg. In Goyas Spätwerk ist die Angst, Teilnahmslosigkeit und Gleichgültigkeit der Men-schen sichtbar: Leiden, Beten, Sterben (Wahnsinn), ebenso die Gier nach Blut und Tod. Goyas Werk Las pinturas negras ist eine Analyse der spanischen Gesellschaft und des menschlichen Wesens, die in einer Anklage gegen die Menschheit gipfelt. Goya kritisiert das Herrschen und sich Beherrschenlassen, die absolute Herrschaft des Hofes und der Kirche sowie die Dummheit und Verantwortungslosigkeit des Volkes, das sich unterdrücken lässt und sich gegenseitig diffamiert. Die Welt als absurdes Theater, das im Chaos und Dunkel versinkt.

In der Auseinandersetzung mit Goyas Las pinturas negras habe ich mich mit dem Wahn-sinn, Irrsinn und der Irrationaliät befasst, einem Thema, mit dem ich mich gerne noch länger beschäftigt hätte. Interessant wären auch Vergleiche mit weiteren Gemälden Goyas, in denen er sich mit dem damals aktuellen Thema der Irren und der Irrenhäuser beschäftigt hat, z.B. Corral de locos (Hof der Irren, 1793/94) und mit Darstellungen des Wahnsinns anderer Künstler im 19. Jahrhundert.

Philipp Wyrsch, Zürich

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